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Frank Roeder

Interview: Frank Roeder

Frank Roeder ist seit 2009 MW Master of Wine und gehört zu den auserwählten acht Menschen in Deutschland, die diesen Titel für sich behaupten können. Neben seiner Leidenschaft zum Wein hat er eine ca. dreißigjährige Karriere als Lufthansa-Pilot absolviert und so zahlreiche Flugzeugtypen gesteuert: von der Boeing 737, Airbus A310, A320, A340, Jumbo – bis zum A380 auf der Langstrecke als Kapitän.

Sein Wein-Franchise-Unternehmen VIF – Wein erleben aus Völklingen im Saarland hat sich schon sehr früh mit den digitalen Medien beschäftigt und konnte somit im klassischen Weinhandel mit integriertem Onlineshop dem Strukturwandel der Weinindustrie standhalten. Mit seinen insgesamt sieben Filialen in Deutschland, zwei davon in Berlin – in Zehlendorf und Schöneberg –, stellt VIF eine feste Konstante in der Berliner Weinkultur, ja sogar im Weinhandel der Bundesrepublik seit vielen Jahren dar.

Ich selbst habe einige Zeit in beiden Berliner Filialen gearbeitet, um mein Sommelier-Studium zu finanzieren. Wer das Sortiment und die Struktur von VIF kennt, kann viel über Wein lernen. Vom Sortiment bis hin zum Warenwirtschaftssystem ist ein in sich logischer Aufbau garantiert und so konzipiert, dass es selbsterklärend die Arbeitsabläufe erleichtert. Das habe ich so als geschlossenes logisches System in keiner anderen Weinhandlung mehr erlebt. Ich habe Frank Roeder vor wenigen Wochen spontan zur VinItaly 2018 in Verona getroffen, und wenig später ist dieses „Pilot zu Pilot“ Gespräch entstanden, das ich Euch nicht vorenthalten will. Viel Spaß beim Lesen und los geht´s …

Weinpilot: Wie kommt eigentlich ein Lufthansa-Pilot aus Völklingen im Saarland dazu, sich mit Wein zu beschäftigen?

Frank Roeder: Das kam durch meinen Schwiegervater. Er hat viel Zeit mit befreundeten Winzerbesuchen verbracht und Weinreisen in das nahe gelegene Alsace unternommen, bei denen ich ihn begleiten durfte. Wein zum Mittag und Abendessen war bei uns zuhause eine Selbstverständlichkeit. So ist die Leidenschaft entfacht. Ab Mitte der 80er Jahre habe ich dann auch selbst angefangen, Wein zu sammeln. Zu Beginn mit einer großen Leidenschaft zum Bordeaux, aus der dann mein Hobby wurde.

Weinpilot: Das Reisen schein ein wichtiger Aspekt in Deinem Leben darzustellen, sowohl als Lufthansa-Pilot als auch als Master of Wine. Bist Du jetzt noch immer sehr viel unterwegs?

Frank Roeder: Als Flugzeugpilot bist Du immer unterwegs. Das Zuhause muss daher einem Ruhepol gleichen, um die Belastung und den Stress auszugleichen. Meine Leidenschaft für Wein war eine perfekte Ergänzung, man muss beides nur strikt trennen. Bei der Fliegerei habe ich mich vom Wein erholt und umgekehrt. In Sachen Wein bin ich immer noch viel unterwegs, so das ich das Fliegen kaum vermisse. Gerade durch die mobile Digitalisierung haben sich dabei viele Arbeitsabläufe vereinfacht. Aber ohne den Rückhalt meiner Frau, der ich viel zu verdanken habe, hätte das so nicht funktioniert. In meinem Fall hat der Spruch: „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau“ seine volle Berechtigung.

Weinpilot: Bislang kannte ich nur den Spruch: „Hinter jeder erfolgreichen Frau steht ein Mann, der Ihr auf den Hintern schaut“. Aber okay, wenn es um das Thema Ehe, Heiraten und Beziehung geht, kann ich gerade sowieso nicht mitreden. Bleiben wir beim Thema Wein. Hast Du schon mal überlegt, selbst Weinbauer zu werden?

Frank Roeder: Aktiv und selbst ein Weingut zu führen, hat immer einen Reiz auf mich ausgeübt, ohne Frage! Ich hatte nie die Zeit durch meine zwei Beschäftigungen, diesen Traum zu verwirklichen. Seit 2016 mache ich sensationelle Badische Weine und so ist mit Jürgen von der Mark die Kollektion „2MW“ (2 Masters of Wein) entstanden. Vom Typ her bin ich jemand, der klare Strukturen bei der Arbeit braucht. Unberechenbare Wetterschwankungen, unerwartete Rebstock-Erkrankungen und sonstige, nicht kontrollierbare Naturlaunen würden mir das Winzerleben erschweren und stellen Risiken dar, bei denen ich früher oder später Amok laufen würde.

Frank Roeder (Foto: VIF Pressebild)

Weinpilot: Lass uns ein wenig über deinen Titel MW Master of Wine sprechen, den Du 2009 verliehen bekommen hast. Der MW ist kein anerkannter akademischer Grad, sondern mehr eine Anerkennung für Weinwissen, verliehen durch ein von Sponsoren und Mitgliedschaftsbeiträgen unterstütztes Institut. Es gibt derzeit 380 MW aus 29 Ländern. Aus Deutschland kommen derzeit acht Auserwählte, zu denen auch Du gehörst, die diesen Titel für sich behaupten können. Was reizt die Leute, diesen Titel anzustreben? Geht es um die Zugehörigkeit zu einem elitären Club, um sich von der Gesellschaft abzuheben, oder mehr darum, eine Profilneurose und deren Komplexe zu sublimieren?

Frank Roeder: Mir geht es nicht um den Titel oder die Zugehörigkeit zu einem elitären Club oder sonstiges. Bereits im WSET Studium in Geisenheim zum Weinakademiker haben mich diverse MW Dozenten mit Ihrem Weinwissen sehr beeindruckt. Es ist mehr ein intellektueller Reiz, dass es noch viel mehr über Wein zu lernen gibt. Ich dachte mir, selbst wenn ich es nicht schaffe, Master of Wine zu werden, kann ich nur davon profitieren. Weiter ist es ein fantastisches Netzwerk aus völlig unterschiedlichen Bereichen der Weinkultur. Autoren, Journalisten, Weinhändler und Sommeliers – alle Aspekte der Branche haben Zugang und streben nach der Exzellenz um mehr Wissen. Nächste Woche treffen sich wieder die MW in Logroño in der Rioja-Region zum Symposium, um sich auf höchstem Niveau mit dem Thema Wein zu beschäftigen und sich auszutauschen. Das reizt mich schon sehr.

Weinpilot: Wie viele bestehen die MW Prüfung und wie viele fallen durch?

Frank Roeder: Es ist weltweit schon ein sehr großer Andrang mit ca. 350 Bewerbern jedes Jahr, von denen 150 die Prüfung ablegen. Durch die Globalisierung nimmt die Zahlen der Studenten jährlich zu. Das Internet und die Reiseerleichterung machen es möglich. Wer wie und wo bestanden hat, kann man sehr gut auf der Webseite https://www.mastersofwine.org/ verfolgen. Die Prüfung ist auf Englisch und die Anforderungen an das Weinwissen bei Weinverkostungen sind sehr hoch. Dazu kommt das ständige Reisen u.a. nach London, San Francisco und in die Weinländer vor Ort.

Weinpilot: Wie hoch ist der Anteil an weiblichen Bewerbern?

Frank Roeder: Für uns sind weibliche Bewerber eine Selbstverständlichkeit. In den letzten Jahren werden sogar mehr Frauen Master of Wine als Männer. Wir machen da keine Unterschiede. Wir freuen uns über jeden, unabhängig vom Geschlecht.

Frank Roeder (Foto: VIF Pressebild)

Weinpilot: Master of Wine, Master Sommelier, Advanced Sommelier, Meister Sommelier, Diplom Sommelier, Master of Desaster … blickt da überhaupt noch jemand durch bei den ganzen Titeln, die weltweit jährlich vergeben werden? Welches ist der Titel, der einem Godfather of Wein oder Weinpapst gleicht?

Frank Roeder: MW Master of Wine.

Weinpilot: Was bringt der Titel „Master of Wine“ und wer verdient sich dabei eigentlich eine goldene Nase?

Frank Roeder: Der Titel MW öffnet schon viele Türen, das ist schon super gut. Eine goldene Nase verdient sich dabei niemand. Auch nicht das Institut. Da die sehr viel zu tun haben, das Schiff zusammen zu halten. Das Sponsoring verbessert dabei die Struktur in der Logistik. Wer was aus seinem Titel macht, das ist immer eine individuelle Sache. Jancis Robinson zum Beispiel war schon immer gut. Da ist dieser Titel dann nicht mehr so wichtig. Markus del Monego war bereits schon Sommelier-Weltmeister und hat dann noch den MW gemacht. Caro Maurer hat sicherlich durch den Titel profitiert, und hat so als Journalistin viel mehr Aufträge bekommen.

Weinpilot: Wer ist für dich aktuell der Godfather of Wine on Planet Earth?

Frank Roeder: Sehr schwierige Frage. Es gibt da viele Aspekte zu berücksichtigen. Im Bereich Journalismus sind sicherlich Jancis Robinson und Tim Atkin zu nennen. Aber es sind viel zu viele unterschiedliche Bereiche und Spezialisierungen wie Winzer oder Consulting etc., um nur einen einzigen nennen zu können. Es ist vielmehr ein Netzwerk. Das ist auch die ganz große Stärke des Instituts. Somit ist der eigentliche Godfahrer of Wine das „The Institute of Masters of Wine“.

Weinpilot: Was denkst Du über die Punktevergabe von Wein, z.B. Parker Punkte?

Frank Roeder: Das braucht und schätzt der Verbraucher. Wir Profis akzeptieren die Bewertung, weil Sie Ihre Berechtigung hat.

Wenn wir das nicht hätten, wäre ein großes Chaos angesagt. Punkte sind Anhaltspunkte, um sich schnell einen Überblick zu verschaffen. Sie dienen als Orientierung und erleichtern bei gewissen Entscheidungen die Einstufung des Weins. Einen Kritikpunkt gibt es allerdings: Die Weinkategorien fehlen. Zum Beispiel wird ein Vinho Verde nie auf 100 Punkte kommen. Maximal 88,89 Punkte. Es müsste daher eine Bewertung innerhalb einer Kategorie geben, in diesem Fall die Kategorie „Vinho Verde“.

Frank Roeder (Foto: VIF Pressebild)

Weinpilot: Wofür steht eigentlich die Abkürzung VIF, ist da bereits ein Geschäftsauftrag im Namen formuliert?

Frank Roeder: Ich habe Mitte der 90er Jahre damit angefangen, damals als VIF Vini Italiani Francesi. Im Laufe der Zeit kamen dann deutsche Weine und Übersee-Weine dazu. Heute heißen wir VIF – Wein erleben.

Weinpilot: Wie viele VIF Franchisepartner gibt es zurzeit und wo überall?

Frank Roeder: Insgesamt sind wir an sieben Standorten vertreten: in Bad Schönborn, Berlin-Schöneberg, Berlin-Zehlendorf, am Bodensee, in Düsseldorf, Kaiserslautern und Völklingen. In Berlin-Schöneberg musste Manfred gesundheitlich aufgeben, so haben wir ab Juni 2018 Kerstin und Lutz in der Nollendorfstraße, nahe zum schönen Winterfeldplatz.

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„Support your local dealer“

Weinhandlung VIF Berlin-Schöneberg

Weinpilot: Treue und langfristige Partner – das steht für Qualität!?

Frank Roeder: Ich bin sehr zufrieden mit meinen Partnern. Wir sind alle Individualisten und sitzen im gleichen Boot. Von daher müssen wir alle auch in die gleiche Richtung rudern. Wir sind vom Konzept überzeugt, denn trotz Digitalisierung und Onlineshop und Wettbewerb funktioniert unser Modell „Wein erleben“ auch in Zukunft. Wir können uns in Berlin weitere Standorte sehr gut vorstellen. In Richtung Spandau, Kreuzberg, Schönefeld oder auch Ostberlin. Es hängt mehr von der Person als vom Standort ab. Das VIF Netzwerksystem und -Sortiment unterstützen jeden Einzelnen.

Weinpilot: Was soll eigentlich dieser digitale bzw. persönliche Sommelier auf der VIF Webseite?

Frank Roeder: Eine kleine Hilfestellung. Mehr ist es nicht. Ein grobes Raster, was passt z.B. zu Lamm? Wie der Lammrücken zubereitet wird, ist natürlich nicht berücksichtigt. Für eine genauere und tiefere Auskunft ist dann unser Team da.

Weinpilot: Wie unterscheiden sich die Kaufkraft und das Kaufverhalten in Deutschland auf die Regionen übertragen?

Frank Roeder: Das ist höchst unterschiedlich. Unser Standardsortiment in Berlin wird sicherlich anders als in München aufgenommen. Zum Beispiel trinken die Berliner gerne Wein aus Österreich. Jedoch ist es im Südwesten sehr schwierig, Ösi-Weine zu verkaufen. Das hat da nicht die gleiche Dynamik. Es obliegt jedem VIF-Partner, seinen Schwerpunkt zu wählen und an seine Kunden zu verkaufen. Das VIF-Sortiment hat ein breites Spektrum, vom einfachen Zechwein bis zur Spitzenqualität.

Frank Roeder (Foto: VIF Pressebild)

Weinpilot: Wie wir jetzt erfahren haben, ist VIF authentisch durch seine Franchise-Partner und dabei stark kundenorientiert im Sortiment. Wohin geht die VIF-Reise als Zukunftsprognose?

Frank Roeder: Das Segment Eigenmarken wird weiter ausgebaut. Eigenmarken wie 2 MW aus Baden und den Provence Rosé gibt es bereits. Das Ziel ist, mehr Interessenten für das VIF-System zu generieren, um sie als Franchise-Partner zu binden. „VIF will mit weiteren Standorten wachsen –  auch in Berlin“.

Weinpilot: Welche Vorteile bietet eine VIF Franchise-Partnerschaft:

Frank Roeder: Wer bei Null anfängt, hat den Riesenvorteil, aus bis zu 800 Weinen seine Auswahl treffen zu können. Ein weiterer Anreiz ist sicherlich das sehr schmale Investment, was den Wareneinkauf betrifft. Daraus folgen geringe Lagerhaltungskosten, da keine große Lagerfläche notwendig ist. Wir beliefern jede Woche. Es ist keine klassische Mindestbestellmenge vorgeschrieben. Der Kollegenaustausch und die Unterstützung im Team als Netzwerk ist ausgezeichnet. Es wird sich gegenseitig geholfen.

Weinpilot: Welches Weinanbaugebiet ist für Dich zurzeit das Spannende in Deutschland und welche Rolle spielen dabei die ostdeutschen Anbaugebiete?

Frank Roeder: In Ostdeutschland passiert sicherlich sehr viel, es ist für mich jedoch nicht die spannendste Region. In der Pfalz ist unglaublich viel Dynamik drin. Die Größe der Pfalz lässt viel Spielraum zu. Da sind super erfolgreiche Unternehmer angesiedelt, die als Vorbilder dazu animieren, mit eigener Handschrift selbst erfolgreich zu sein.

Weinpilot: Welcher Wein ist für Dich ganz persönlich der beste Wein, den Du jemals getrunken hast?

Frank Roeder: Ein Wein, der mich seit Jahren auf Allerhöchstem Niveau beeindruckt, ist ein Wein aus dem Bierzo in Spanien von Alvaro Palacio mit dem Namen „La Faraona“.

Weinpilot: Abschließende Frage: „Wie viele Weine verkostest Du im Jahr?“

Frank Roeder: Im Jahr verkoste ich ca. 5.000 Weine blind.

Frank Roeder | MasterWein (Foto: VIF Pressebild)

(Batin Mumcu – Interview: Frank Roeder für Berliner Weinpilot)

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